Essay: Jugendslang – So spricht die heutige Jugend

Auf dein Nacken, sheeeesh, du Ehrenmann, das ist lit af – Diese, nennen wir sie Neologismen, hört man immer häufiger bei Jugendlichen. Wer der deutschen Sprache auch nur etwas mächtig ist, fragt sich zu Recht, ob es sich hierbei um eine bisher unbekannte Fremdsprache handelt. Allerdings muss man diese Frage bedauerlicherweise verneinen. Dies ist der aktuelle Gebrauch der deutschen Sprache von vielen Jugendlichen und wird von Sprachwissenschaftlern auch als Kiezdeutsch bezeichnet.

Kiezdeutsch steht unter dem Einfluss von verschiedenen Sprachen und sieht eine Vereinfachung der deutschen Sprache vor.

Wobei ,,deutsche Sprache“ ein sehr dehnbarer und breitgefächerter Begriff zu sein scheint. Grammatik? Was is das nochma? Artikel werden weggelassen, als hätten sie nie existiert und jeder zweite Satz endet mit ,,Alter, isch schwöre dir“.

Ein heutiger Dialog zwischen Jugendlichen könnte wohl kaum von Normalsterblichen verstanden werden. Jeder Deutschlehrer würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich fragen, was zum Teufel man eigentlich falsch gemacht hat. Vielleicht sollte man doch besser kündigen, bevor es im Unterricht bald heißt: Lass ma Text schreiben?

Aufgrund der kreativen Wortneufindungen und Anglizismen unserer heutigen Jugend, haben sich sogar seriöse Wörterbuch-Autoren dem Jugendslang unterworfen, indem sie ihm ein ganzes Lexikon widmen. Verzweifelte Eltern, für die ihre einst so süßen Kinder, eine Fremdsprache sprechen, haben die Hoffnung wenigstens einen Bruchteil zu verstehen, wenn sie ihre Kinder fragen, was sie denn heute in der Schule gemacht haben.

Verständigungsschwierigkeiten zwischen beiden Generationen sind dennoch vorprogrammiert, denn auch die Jugendsprache verändert sich immer wieder. Man muss aufpassen, welche Ausdrücke man verwendet, um nicht als vollkommen peinlich abgestempelt zu werden.

Um diesem ,,Problem“ entgegenzuwirken, wird seit 2008 das Jugendwort des Jahres gekürt. Angefangen mit Gammelfleischparty für eine Ü-30-Party, ist das Jugendwort des Jahres 2018 Ehrenmann/Ehrenfrau, immerhin wird korrekt gegendert. Dieses Wort ist wenigstens im alltäglichen Sprachgebrauch der Jugendlichen verankert. Zur Auswahl gab es allerdings auch Wörter, die ich noch nie aus dem Mund eines Jugendlichen gehört habe. Oder habt ihr den Begriff Snackosaurus schonmal benutzt, um jemandem als verfressen zu bezeichnen? Außerdem habe ich persönlich noch nie eine Person als glucose-haltig bezeichnet, wenn ich sie besonders süß finde. Aber das scheint nun mal der Jugendslang zu sein, wie die ganzen Hipster ihn in Berlin verwenden.

Während einige Begriffe vollkommen absurd und lächerlich klingen, haben andere wiederum schon fast gesellschaftskritische Ansätze: Zuckerburgen für stalken oder lindnern, wenn man aus Angst etwas Falsches zu machen, lieber nichts tut. Kaum zu glauben, dass diese Neologismen von der gleichen Generation kommen sollen, die auch Artikel beim Sprechen weglassen. Der Jugendslang kann sich anscheinend auch von einer völlig anderen Seite zeigen.

Als eine große Bereicherung für die deutsche Sprache würde ich den neuen Sprachgebrauch jedoch nicht sehen. Es nützt einem nichts zu wissen was Gymkie, einwrappen oder breiern heißt. Genügt unser Wortschatz etwa nicht aus und bedarf es wirklich noch mehr Vokabeln? Wahrscheinlich geht es bei der Jugendsprache eher darum, sich von der Elterngeneration abzugrenzen und zu rebellieren. Trotzdem bleibt es eher fragwürdig, wie sich die Jugendlichen verständigen. Von korrektem Deutsch ist der Jugendslang mit Sicherheit weitentfernt.

Kann es also tatsächlich sein, dass Deutschland, einst geprägt von gebildeten und berühmten Dichtern der Weimarer Klassik, sich in ein Land verwandelt hat , wo Jugendliche so miteinander kommunizieren, als wären sie der deutschen Sprache kein bisschen mächtig? Wenn man darüber nachdenkt, erscheint es einem wirklich lächerlich, wie die Jugend heutzutage die deutsche Sprache misshandelt. Man kann fast von einem Sprachverfall reden, wenn manche Jugendliche noch nicht einmal mehr wissen, wie man grammatikalisch korrekte Sätze bildet. Oder sie wissen es, doch sie weigern sich davon Gebrauch zu machen.

 

 

Wir werden sehen, wo uns der Jugendslang einmal hinführen wird. Neue Sprachinnovationen der jungen Generation werden mit Sicherheit bestehen bleiben. So fragt man sich nur, wieweit es das Kiezdeutsch schaffen wird, wenn beispielsweise die Linguistin Heike Wiese fordert, dass der Jugendslang im Grammatikunterricht behandelt werden soll. Sagen wir so, für pädagogisch wertvoll halte ich dies nicht und ich bezweifle, dass sich das jemals durchsetzen wird. Zumindest hoffe ich das stark für zukünftige Generationen, wenn sie jemals eine Chance im Berufsleben haben wollen. Aber wer weiß vielleicht liege ich auch völlig falsch und ein Bewerbungsgespräch in der Zukunft beginnt dann mit den wunderbaren Worten: „Guten Tag, I bims.“.

 

VON GRETHA KESSLER

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